Schlussbetrachtungen

Die Behandlung sympathikusgesteuerter Störungen ist einfach und bei vielen chronischen Schmerzen wirksam, schnell und effektiv. Sie setzt ein neues Verständnis der Schmerzentstehung voraus, denn auch chronische Schmerzpatienten, bei denen sich der Schmerz angeblich zu einem eigenständigen Krankheitsbild entwickelt hat, lassen sich oft in wenigen Minuten erfolgreich behandeln. Da die Methode bis auf die erwähnten Kontraindikationen (S. 63) ungefährlich ist, kann sie auch von weniger Erfahrenen angewendet werden. Allerdings hat die Selbstbehandlung Grenzen, da die meisten wirksamen Schlüsselpunkte auf dem Rücken zu finden sind.

In der heutigen Zeit gibt es nur spärliche Veröffentlichungen und Studien zum Zusammenhang zwischen Wirbelsäulenbeschwerden und Funktionsstörungen innerer Organe. Seit sich die Innere Medizin mehr in Richtung einer Labormedizin entwickelt hat, sind die exakten Beobachtungen am Kranken in den Hintergrund gerückt. Die moderne Medizin, die zunehmend auf Schnelligkeit und hohen Patientendurchsatz getrimmt ist, lässt keine Zeit mehr für die eigentlich notwendigen Ganzkörper-Untersuchungen. Insbesondere der Facharzt kümmert sich nur noch um sein Fachgebiet und die Untersuchung am Schmerzort.

Dabei hat der französische Arzt und Pathologe Jean Cruveilhier bereits vor 180 Jahren entsprechende Zusammenhänge beschrieben. Ihm fiel auf, dass Magenleiden einen Schmerzpunkt am 4. Rückenwirbel hatten, Herzschmerzen am 4. und 5. Brustwirbel wiederzufinden waren und sich bei Gebärmutterproblemen Schmerzen am Kreuzbein fanden. Daraus wurde gefolgert, dass aus den Krankheiten die Blockierungen in der Wirbelsäule entstehen.

Erst im 20. Jahrhundert entwickelten alternativmedizinische Manualtherapeuten den Anspruch, außer den einfachen belastungsbedingten Schmerzen im Bewegungsapparat auch andere Krankheiten und Störungen zu beeinflussen. Dazu wurden – ähnlich wie bei der Akupunktur – nervale, reflektorische oder „energetische“ Verbindungen der Knochen und Gelenke mit dem übrigen Körper angenommen, deren Existenz allerdings nicht belegt werden konnte.

Dr. Dieter Heesch fand die Zusammenhänge auf Grund ausführlicher Untersuchungen, was die Beobachtungen des französischen Arztes Cruveilhier bestätigt. Nur zog er andere Schlüsse aus seinen Befunden und sah die Ursache der Organerkrankung in der Wirbelsäule. Darauf entwickelte er eine systematische und sehr erfolgreiche Behandlungsmethode, die wir gemeinsam zur Sympathikustherapie ausgebaut und bei zahlreichen Patienten erfolgreich angewendet haben.

Die Wirkung der Sympathikustherapie ist verblüffend, aber noch wenig erforscht. Das bisher beste Modell stammt von Dr. Heesch, bei dem die Verdrehung des Wirbels zu einer direkten Irritation von sympathischen Ganglien im Grenzstrang führt. Das Modell lässt sich an der Brustwirbelsäule sehr erfolgreich anwenden, wenn die Krankheit bereits vorliegt. Aber warum leidet nicht jeder mit einer Blockierung des 3. Brustwirbels an Ellbogenproblemen? Warum bekommt der Eine einen Tennisarm und der Andere einen Golferellenbogen?

An der oberen Halswirbelsäule könnte das Modell von Dr. Heesch noch zutreffen, da sich am ersten Halswirbel eine gleichgerichtete Rotationseinschränkung wie an der Brustwirbelsäule findet. Außerdem ist hier die Dichte an vegetativen Ganglien und Nervenbahnen besonders hoch. In der Kreuzbeinregion hilft das Modell allerdings nicht weiter, weil ein Druck auf die Ganglien, die vor dem Kreuzbein liegen, mechanisch kaum möglich ist.

Die Innervation der Organe durch den Sympathikus ist zwar bekannt, es ist aber noch längst nicht ausreichend erforscht, was mit den Organen geschieht, wenn der Sympathikus gestört ist. Möglicherweise sind die Einflüsse viel größer als bisher angenommen. Dies würde im Umkehrschluss vermuten lassen, dass die Sympathikustherapie noch weit mehr bewirken kann als in diesem Buch beschrieben wurde.